Chronik

Truppenzeitschrift „Tinchen“
wie alles Begann

Das Tinchen
Chronik - Dezember 1973 - bis Heute


Ein Dauerbrenner in DIN A5

 

Auch Zeitschriften leben unterschiedlich lange. Manche erscheinen schon seit Jahrzehnten, anderen hingegen geht bereits nach kurzer Zeit die Puste aus. Einen bemerkenswert langen Atem hat die in Husum herausgegebene Truppenzeitschrift "Tinchen" bewiesen: Seit nunmehr 35 Jahren gibt es das DIN-A-5-große Heftchen. Monat für Monat, ohne Unterbrechung. Das erste Heft erschien im April 1974, das jüngste datiert vom September 2009. Das sind bislang 426 Ausgaben. Und das Oktober-Heft 2009 ist schon im Druck.

 

35 Jahre "Tinchen": Das Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe hat von keiner anderen Soldaten-Informationszeitschrift Kenntnis, die über einen solch langen Zeitraum wie das Husumer Blatt von der Truppe selbst herausgebracht wurde. Keine Journalisten, sondern Soldaten im Nebenjob leisten diese Arbeit. Alle sind sie Spezialisten in ihrem militärischen Fachbereich. Aber sie haben Freude und auch für den Leser erkennbares Talent am Schreiben, am Fotografieren, am Zeitungmachen.

 

Die Idee für ein Info-Blatt hatte 1973 Oberstleutnant Reinhard Mesch († 2004), 1977 bis 1982 als Oberst Kommodore des damals in Husum stationierten Jet-Verbandes. Es sollte "Kurznachrichten für das Leichte Kampfgeschwader 41" vermitteln. Dem ersten Heft vom April 1974 ging ein Provisorium voraus: Von Dezember 1973 bis März 1974 erschienen die Kurznachrichten - schon "Tinchen" genannt - im Format DIN A 4, auf Matritze geschrieben, durch einen Vervielfältiger gekurbelt, an der oberen linken Ecke per Hefter zusammengenagelt.

 

Schon mit der ersten "echten" Tinchen-Ausgabe machte das Geschwader richtig Eindruck. Aufmacher war ein Interview mit dem Luftwaffen-Inspekteur, Generalleutnant Gerhard Limberg († 2006). Der Inspekteur war von 1963 bis 1968 selbst Kommodore des Husumer Geschwaders gewesen. Und auch eine Person aus dem zivilen Bereich stellte das "Tinchen" in seiner ersten Ausgabe vor: Edmar Dau. Der Wirt vom "Café Halligblick" auf Nordstrand war auch bei den Soldaten beliebt. Seine humorvollen, unterhaltsamen Geschichten, seine von ihm selbst auf dem Akkordeon begleiteten Lieder, aber auch sein Pharisäer sind unvergesslich. Nicht von ungefähr war der Artikel über Edmar Dau mit "Ein Botschafter des Pharisäers" betitelt.

 

Mehrere Jahre entstand "Tinchen" in reiner Handarbeit auf der Schreibmaschine. Für die Überschriften wurden Abreibebuchstaben verwendet - gibt es so etwas heute eigentlich noch? Der Druck der 1200 Exemplare bei einer heimischen Druckerei wurde über Firmenanzeigen finanziert. Das ist bis heute so geblieben. Geld aus dem Verteidigungshaushalt stand und steht dafür nicht zur Verfügung.

Die Ausgabe vom März 1993 war die letzte, die vom inzwischen in Jagdbombergeschwader 41 umbenannten Jet-Verband herausgegeben wurde. Die Luftwaffe löste das Geschwader auf. Doch Glück im Unglück für den Standort: Mit der Flugabwehrraketengruppe 26 übernahm ein neuer Hausherr nicht nur die Fliegerhorstkaserne an der Flensburger Chaussee. Auch das "Tinchen" wurde nahtlos weitergeführt. Der letzte "Flieger"-Redakteur, Oberstabsfeldwebel Manfred Schramm, ist bis heute freier "Tinchen"-Mitarbeiter. Seine Rätsel haben schon so manchen Kopf zum Rauchen gebracht.

 

"Tinchen" ist geblieben, doch sein Erscheinungsbild hat sich positiv verändert. Das Schwarz-Weiß-Heftchen hat Farbe bekommen. Es wird heute in Dresden gedruckt. Wie im modernen Zeitungswesen üblich wird die fertige Vorlage über das Internet versandt. Herausgeber der Zeitschrift ist auch nicht mehr ein militärischer Verband, es ist der "Verein Tinchen". Ihm gehören auch die technischen Einrichtungen der Redaktion, wie Computer, Bildschirme und die notwendige Software. Die Erfolgsgeschichte kann also weitergehen.

 

von Jürgen Dietrich

erstellt am 29.Sep.2009

Ein halbes Jahrhundert in monatlicher Erscheinungsweise ist für eine Truppenzeitschrift der Bundeswehr wahrlich kein schlechter Wert. Moment mal, das ist ja die Untertreibung des Jahres: Der Wert ist sensationell! Keine andere wird das jemals erreichen – schon allein, weil auch keine andere in monatlichem Abstand erscheint.

Also: Happy Birthday, TINCHEN, du ungekrönte Königin aller Truppenzeitschriften!

Mit der 598. Ausgabe feiert diese Königin nun ihr Jubiläum. Wobei die ersten vier Ausgaben eigentlich keine Zeitschriften in dem Sinne waren, sondern hektografierte Blätter auf dem in den 1970er Jahren so beliebten Matritzenpapier. Alles so hübsch lila hier …

Die erste Ausgabe in Heftform erschien im März 1974. Händisch von den weiblichen Schreibkräften des Geschwaders – dieser Dienst rotierte durch den gesamten Verband – getippte Texte auf DIN-A4-Papier geklebt und mit Büroklammern angepappten Schwarz-weiß-Fotos ging das durch ein grundsätzlich viel zu kleines Redaktions-Team gefertigte Produkt damals Monat für Monat an die Druckerei. So war es auch noch, als der Autor dieser Zeilen erstmals im Impressum erschien. Und zwar in der 68. Heftform-Ausgabe von November 1979.

Eben war der NATO-Jagdbomber-Wettbewerb „Bull's Eye“ im damaligen Leichten Kampfgeschwader 41 ausgetragen worden, zu dem der Jung-Redakteur gerade rechtzeitig frisch aus der Grundausbildung zuversetzt wurde. Und so war dieser im siebten Himmel, denn Kampf-Jets waren schon damals sein ein und alles. Als Reporter nah dran sein, die Leidenschaft dienstlich in Wort und Bild umsetzen zu können, das war ein Traum für den 20-Jährigen. Nur fliegen selbst war schöner. Das kam dann später.

Vier Ausgaben danach – zum März 1980 – war der Jungspund schon „Chefredakteur“ (übrigens eine Position, die er in seiner darauffolgenden journalistischen Laufbahn niemals wieder erlangt hat). Toll, was? Lag aber nur daran, dass der bisherige Häuptling wegversetzt wurde und kein anderer verfügbar war … aber immerhin. Später wurde dann dieser hochtrabende Titel durch die Bezeichnung „Redaktionsleiter“ ersetzt.

Bis zum Ausscheiden aus dem aktiven Dienst Ende Juni 1981 durfte ich dann das TINCHEN mitgestalten, und das blieb auch noch über viele Jahre so, in denen ich dem Verband als Wehrübender angehörte. Letztmals beteiligt an der Ausgabe vom März 1993, der letzten, bei der noch das Jagdbombergeschwader 41 als Herausgeber firmierte. Danach übernahm das Flugabwehrraketengeschwader 1 das Zepter und führte die Tradition nahtlos weiter. Meine neue militärische und fliegerische Heimat hingegen wurde ab 1995 das damalige Jagdgeschwader und heutige Taktische Luftwaffengeschwader 73 „Steinhoff“ in Laage bei Rostock – und Fotos wie Texte von mir erschienen alsbald im dortigen „Der Kranich“.

Meine (Reserve-)Dienstzeit endet im Juli 2024. Dann ist – die vier Matritzen-Ausgaben eingerechnet – die 605. Ausgabe auf dem Markt. Und ich denke, dass noch viele, viele weitere folgen werden. Ich bin schon ein wenig stolz, dass ich damals an exponierter Stelle dabei sein durfte. Und dankbar – denn nicht zuletzt das TINCHEN hat mich als Journalist auf den Weg gebracht.

Horrido, Du ungekrönte, stolze Königin!

Ihr Stefan Petersen

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